Worum geht es? Die dramatische Seereise 1402 des Hamburger Ratsherrn Nicolaus Schoke zur Rückführung der Reliquien des Hl. Vinzenz von Hamburg nach Lissabon.

Inhalt des Romans: Im Jahr 1402 segelt der Ratsherr Nikolaus Schoke nach Santiago de Compostela. Ihm hatte der Kaperfahrer Goedeke Michel vor seiner Enthauptung das Gelübde abgetrotzt, wertvolle Reliquien an den Ort ihrer Herkunft zurückzubringen, Handknochen des Hl. Vincentius. Über London, La Rochelle und La Coruna gelangt Schoke, peinlichen Versuchungen und Gefahren für Leib und Leben  ausgesetzt, schließlich an den Ort der Bestimmung. Doch eine Übergabe in Santiago de Compostela scheitert. Weltbewegende Machtverschiebungen und die neuen Zuständigkeiten kirchlicher Instanzen zwingen den Ratsherrn,  seine Reise mit einem neuen Ziel fortzusetzen – nach Lissabon.

Leseprobe, Reliquien S. 212:
Der Alte lächelte gequält: „Ist aber nicht von mir. Hab ich von Claus Störtebeker, meinem größten Konkurrenten an der Küste. Der hört das Gras wachsen, bevor die politischen Spieler ihre Schachzüge vorbereiten.“

„Ich hab von ihm gehört“, untertrieb der verkappte Hamburger Ratsherr Schoke, „ der war aber als Kaperfahrer doch nur in der Nordsee, im Skagerrak, im Kattegatt und im Sund unterwegs.“

„War unterwegs? Er ist unterwegs! Und zwar auf allen Meeren“ unterbrach ihn Jean de Bethencour und dehnte dabei jedes Wort.

Schoke kniff die Lippen zusammen. Wie stand es eigentlich um ihn, wenn er an Claus Störtebeker dachte? Was der Alte da behauptete, empfand er als Bedrohung seines Lebens – doch warum nur? Er überspielte dieses Gefühl, indem er scheinheilig fragte: „Ja – lebt er denn noch?“

„Und ob! Den fassen sie nie.“

„Ich habe gehört, er sei mit seinen Vitalienbrüdern im Jahre des Herrn 1400 hingerichtet worden, und alle Hamburger, heißt es, haben es gesehen.“

„Sollen sie es glauben. Ich weiß es besser.“

Schoke fühlte sich nach dem, was der Alte behauptete, noch elender. Zwar hoffte er, dass alle diese Gerüchte in sich zusammenfallen würden und er nicht die Rache eines Mannes fürchten müsse, den es nicht mehr gab. Umso mehr quälte er sich mit der Frage, was Jean denn wirklich gesehen haben wollte! Irgendetwas schon, so viel war sicher. War es etwas Unvorstellbares? Schließlich war er nicht mehr in der Lage , seine Unruhe zu verbergen.

 Jean schien es zu bemerken. Er sagte: „Irgendetwas stimmt nicht mit dir. Bist schon ein merkwürdiger Vogel, aber wenigstens ein brauchbarer Seemann. Und das war es, was ich dir eigentlich sagen wollte. Wenn du willst, kannst du bei uns bleiben! Du wirst es nicht bereuen. Die Beutefahrten? Die Sorge kann ich dir nehmen – damit ist Schluss. In Zukunft werden wir uns höheren Zielen widmen.“

Schoke blieb stumm und schaute zur Küste hinüber. „Da drüben, da,  die Einfahrt- ist das der Zwijn, der Wasserweg nach Damme und Brügge hin ein?“

„Ja schon- warum fragst du?“

„Dann müssen wir schleunigst auf neuen Kurs gehen und dort hineinfahren.“

„Wir werden den Kurs zwar ändern, aber nicht, um in den Zwijn einzufahren. Die machen kurzen Prozess mit uns, wenn wir ihn en in  die Hände fallen. Meinst Du, dass der Üb etrfall nict von Land aus  beobachtet worden wäre? Das spicht sich schneller am Deich herum, als wir bis Damme brauchen würden.“

„Ja, aber …“, wandte Schoke ein, „wir können doch mit so vielen Leuten an Bord unmöglich dauernd auf dem Meer bleiben. Unser Trinkwasser geht zur Neige, hat Colin gesagt.“

Schoke merkte, wie dem Alten  der Kamm schwoll.

„Glaubst du, dass ich das nicht wüsste? Ich, verantwortlich als euer Master und Admiral – ich lasse doch meine Leute nicht  verdursten!“ 

Schoke kniff die Lippen zusammen. Wie stand es eigentlich um ihn, wenn er an Claus Störtebeker dachte? Was der Alte da behauptete, empfand er als Bedrohung seines Lebens – doch warum nur? Er überspielte dieses Gefühl, indem er scheinheilig fragte:

„Ja – lebt er denn noch?“